Nicht hinter sondern vielmehr vor der Kolumne "Rosa" steht die Texterin Patrizia Liberti. Rosa wurde 2007 für das Magazin "MfG" ins Leben gerufen. Seither ist es manchmal mehr und manchmal weniger rosa im Leben und den Kolumnen der Figur. Lesen Sie selbst.
„Werd du erst mal so alt wie ich und schau dabei so jung aus wie ich!“ knallte mir Freundin B. um die Ohren! „Ah ja, was ist denn so dein Grundgeheimnis, dein Jungbrunnen? Dein Schönheitschirurg, die Geldtasche deines 1A-Ehemanns oder Alkohol? Konserviert bekanntlich auch!“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Rosa, du bist unfair!“ Ja, ist schon klar. Rosa ist unfair und Rosa muss verdammt noch mal zugeben, dass B. verdammt noch mal unverschämt gut aussieht für ihr Alter. „Na los, sag schon. Woran liegts? Gute Gene, kein Essen nach 14 Uhr, Achterbahnfahrten jeden zweiten Tag, die dir wie von selbst die Falten nach hinten wegglätten?“ Doch B. konnte anders, wenn sie wollte. Und B. wollte. „Sex mit jüngeren Männern und – ach ja – ich habe uns für den nächsten Ayurveda-Kochkurs in der Volkshochschule eingetragen. Wenn du dich schon nicht durch Sex jung hältst, sollst du zumindest etwas für deine innere Ausgeglichenheit tun. Und Essen zeigt bei dir bekanntlich immer einen Effekt – wie man sieht!“ Rosa im ayurvedischen Kochkurs, zwischen körperlich und geistig Erleuchteten, die Essen als heilende Kraft sehen und Kochen als Meditation? Geht nicht. Geht gar nicht. „Können wir uns nicht auf die zweite Variante einigen. Sex mit jüngeren Männern hört sich für mich schmackhafter an, als Kochen nach Farben! Wenn schon kochen, dann bevorzugt Rosa diesen phänomenalen Cocktail aus Hormonen, der dir Schmetterlinge in den Bauch zaubert, die Knie vor Lust butterweich macht und Adrenalin als Aufputschmittel gratis mit aufs Tablett bringt. Dieser Cocktail macht verdammt süchtig. Und manchmal sind biochemische Abläufe eben doch mehr als nur trockene Chemie-Theorie.
Schön, das Jahr neigt sich also dem Ende zu. Gut, dann ist es wohl an der Zeit, Rosas Jahresresümee zu ziehen! Im Jänner träumte ich noch von einem Prinzen hoch zu Ross, der laut Prognosen eines vor Überglück strotzenden Jahreshoroskops auf mich zureiten sollte. Seufz! Im März bedauerte ich mich für meine 30++ Lenze, ließ die Seele baumeln, versuchte mich als angehende Marathonläuferin und träumte weiter. Prinz – inzwischen wäre auch ein Mann o.k. gewesen – ward immer noch keiner gesehen. Nun, im Mai war’s schon einerlei und Rosa ließ ihrem gewohnten Zynismus, ihrem ausgeprägten Sinn für lautstarke absurd-moralisierende Lamentiererei freien Lauf. Der Prinz musste zu dieser Zeit schon auf seinem Pferd verschimmelt gewesen sein. Im August versuchte Rosa bei 40 Grad im Schatten ihre Familienbande zu lockern, wies ihre Lieblingsschwester darauf hin, dass eine Rosa nicht sucht, sondern gefunden wird und das Internet wohl wirklich so rein ganz und gar nicht der geeignete und angemessene Ort dafür zu sein scheint, um der Liebe Rosas surfend entgegen zu treiben. Nein, also das nun wirklich nicht. Pfui und Igitt. Im September die erste aufkeimende Winterdepression mit zwischenzeitlich exzellentem Single Sex erstickt und gekillt, um dann im November ein leichtes Plus - gemessen am jährlichen Gesamtverbrauch der Männer - von 6 zu verzeichnen. Fazit: Schneewittchen war mit ihrem Prinzen sicherlich erfolgreicher – ob sie auch Sex hatten, darüber schweigt man bis heute beharrlich! Rosa wird nächstes Jahr 30++ Lenze jung und bekam mit heutigem Stichtag genau 136 Anfragen via virtuelles Netz, ob Mann Rosas Bekanntschaft machen darf! Er darf! Ich werde also doch gefunden, sagte ich’s nicht?!
Was macht eigentlich Mann, wenn er 40 wird? Im besten Fall das, was einer von ihnen vor kurzem mit 40 seiner Freunde und auch Rosa anstellte: er bringt den Stein ins Rollen und packt diese seine Freunde in einen zur fahrenden Partylocation gepimpten 90er Jahre Bus und lädt sie ein – zu einer Reise ins Blaue. Zielort unbekannt, Hauptsache lustig, Hauptsache anders. So die Devise. Die Kurzversion dieser Geschichte liest sich ungefähr so: drei Tage, zwei kurze und durchtanzte Nächte, Bier, mehr Bier, andere Länder, andere Sitten und jede Menge Witz und Ausgelassenheit. Rückblick. Wir schreiben das Jahr 1996. Das Jahr, als Rosa ihn kennenlernte. Er, wortgewandter esprit libre meiner ersten Wiener Studentenzeiten und -stunden, war damals bald dafür bekannt und beliebt, seine Wohnung als open-house-Lösung, Raststätte und Auffanglager anzubieten: nämlich herrenlosen Zivis, zugelaufenen Italienern und all jenen von uns, die den Weg zwischen Uni und dem eigenen Nachhause nicht ohne Zwischenstopp verkraften konnten. Das Rasten dauerte dann oft mehr als nur einen Nachmittag, war aber auch egal. Gern gesehen waren jene die mitbrachten, was man zum Leben damals so brauchte: Tschick und Bier. Manchmal auch Schokolade. Besonderes nach dem Mittagsschlaf, wenn der Blutzuckerspiegel mal wieder etwas zu tief gesunken war. Es lies sich dort gut aushalten. In der Wiener Laudongasse war Herr Stein schon früh ein Ausnahmetalent in Sachen Stimmungsmacherei und Gauderie. Und dieses Talent ist ihm geblieben. Bis heute. Chapeau, Stonemann. Charmant wie immer. Steht dir gut dieses Alter und Rosa schickt dir Blumen. Bleib so wie du bist, mindestens noch ungefähr solange wie bisher. Oder mehr noch als 40 Jahre. Wir vertragen dich. Mit Leichtigkeit.
Es ist Zeit für das perfekte Dinner, Ladies. Kurz noch mal die Checkliste konsultiert, den Kühlschrank inspiziert und die Einkäufe sortiert. Showtime. Rosa kocht. Rosa kocht auf. Ladies night am Dingelberg. Die Reise treten diesmal an: vier Vorarlbergerinnen, die ihren Berg mal ebenso überqueren, weil es lustig ist und Rosa auch. Das kann doch nicht so schwierig sein, vier hungrige Vorarlberger Leckermäuler mit hausgemachter pasta und dolce zu stopfen – und Alkohol. Natürlich. Vino und Wahrheit. Wird Zeit, dass ihr mal was Neues kennenlernt. Zuviel Bergkäse, Käsknöpfle, Funkaküachle oder Fraxner Kirsch kann auf Dauer nicht gesund sein. Als Rahmenprogramm werden wir Rosas Heimatstädtchen by night besuchen und dann wird uns nach St. Pölten auch die Wachau kennenlernen. Mädels, Istanbul haben wir doch auch gerockt. Okay, das Nachtleben Istanbuls mit dem eines 8.000 Seelen Heimatstädtchens zu vergleichen, ist vielleicht etwas gewagt, aber das wird schon. Und Rosa wollte eigentlich gar nicht schreiben, dass sich für manche Vorarlberger Lady der Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten St. Pöltens im Inneren des Mango Outlet auftut. Aber hey, ist doch super. Wenigstens diese Nachricht hat sich bis in den Westen verbreitet. Und den Rest St. Pöltens wird sie auch noch lieben lernen, gelle! Gewiss doch. Rosa macht das schon. Hoi! (Anm. v. Rosa: Vorarlbergerisch für Hallo). Rosa unterwegs in Sachen Kulturaustausch. Liebe St. Pöltnerinnen und St. Pöltner: in den nächsten Tagen kann es zu einer geballten Ansammlung anderssprachiger – aber garantiert sehr liebenswürdiger, attraktiver und unterhaltsamer – Frauen im Großraum St. Pöltens kommen. Bitte seien Sie freundlich, überholen Sie nicht und versuchen Sie, uns zu verstehen. Oder: Studiert schon mal die deutsche Sprache, Mädels. Xibergerinnen, Rosa freut sich auf euch. Sehr sogar. Habidere.
Da lag Rosa nun: verrotzte Nase, verschleimte Bronchien und ganz miese Stimmung, weil durch Langeweile das Gesundwerden anscheinend noch länger dauerte, als sonst. Also mal kurz die Stellung gewechselt, vom Bett auf die Couch und damit auch vor die Glotze. Doch was Rosa dort zu sehen bekam, besserte die Laune auch nicht gerade: Perfektes Dinner, perfekte Hochzeit, auf der Suche nach dem perfekten Sex, perfektes Shopping, perfekte Schwiegertochter, perfekte Brüste und vieles mehr. Alles ganz perfekt und mehr als Rosa gerade so lieb war und ertragen konnte. Kommen etwa daher die Anwandlungen jener Mütter, denen Rosa in Boboville begegnete, und die in perfekten Designer-Kinderkutschen ihre Marie-Luisen, Leonardos, Arthure und Egons auf den großen Präsentierteller Kinderspielplatz spazieren schoben? Kamen daher also die Anwandlungen von Rosas Freundinnen, die perfekte Ehefrau, Hausfrau und Mutter sein zu wollen, um dabei im selben Moment auch noch Erfolg im Beruf zu haben und aufopfernd und leidenschaftlich die Geliebte für den Mann zu spielen, damit alles ein perfektes Zusammenspiel ergibt. Herrje, was für eine Zeitverschwendung. Wer will denn schon perfekt sein, frag ich mich? Rosa nicht. Hier herrscht wohl dringender Aufklärungsbedarf. Es wäre doch jammerschade, wenn Rosa immer pünktlich zu ihren Verabredungen käme. Es wäre doch jammerschade, wenn Rosa immer und ausschließlich top gestylt in den Alltag starten müsste. Ein wenig weniger Perfektion ist doch so herrlich unkompliziert und charmant. Es ist das, was jeden von uns ausmacht und jeden ebenso unterschiedlich zum nächsten macht. Individualität ist doch tausendmal liebreizender als perfektionsgesteuerter Einheitsbrei.
Ich fühle mich, als hätte ich die letzten Wochen nichts anderes getan, als einen Marathon zu laufen. Als wäre ich meinem Leben hinterher gehechtet und hätte dabei jeden einzelnen Rosa Muskel überbeansprucht, das Herz belastet und das Hirn dabei ausgeschaltet. Anders kann ich mir einfach nicht erklären, dass seltsame Dinge rund um mich geschehen, denen ich nichts anderes entgegensetzen kann, als ihnen dabei zuzusehen, wie sie alles und Rosa verändern. Rosa fehlt die Kraft einzugreifen, mir fehlt die Stärke zu kämpfen. Ich bin ausgelaugt. Erst Anfang September und ich muss an meine Reserven. Ich weiß nicht, ob es an der Hitze der vergangenen Wochen liegt, aber Rosa hatte in letzter Zeit vermehrt jene besonderen Arten von Begegnungen, auf die ich nicht gefasst war. Da waren sie plötzlich wieder: Kollegen und Mitstreiter, auf die Rosa als Freischaffende auf dem Arbeitsmarkt nun mal angewiesen ist. Es kann nicht anders sein, es muss wohl an der Hitze liegen, dass manche Gehirne etwas weicher sind, und die eine oder andere Vereinbarung einfach durch den Rost oder zwischen den ausgesiebten Gehirnzellen gefallen ist. Und auch Männer, die Rosa eigentlich seit gut einem Jahr auf die Ersatzbank geschoben hatte, haben plötzlich die Schnauze voll, ihre Zeit abzusitzen. Tja, und so hat sich im Speziellen die Nummer 12 aus Rosas Männerteam frei gespielt. Und das hat ihn wohl zu neuen Höhenflügen animiert. Erst ausbrechen und dann abrechnen. Rote Karte für Rosa. Verdammt, das schmerzt. Und als Halbitalienerin weiß ich dieses Foul auch zu zelebrieren. Dieses Heimspiel hat Rosa vergeigt. Endgültig.
Manchmal, wenn Rosa einfach so und ganz ungezwungen durch die Stadt schlendert, sich hier, dort und da etwas Schönes gönnt - einen Mann so zwischendurch, Zwinker - und dann spontan einfach länger in der Stadt bleibt, als vorgesehen, dann, ja dann muss ich manchmal an sie denken. An meine Freundinnen, die sich Mitte 30 für ein Familienleben und Kinder entschieden haben und das Bett höchstens noch mit dem Baby teilen. Ja, es war eine Entscheidung. So, als müssten sie entscheiden, in welchem Urlaubsflieger der Sommer 2013 startet oder welches Auto den Fuhrpark in der Garage vergrößern darf. So eine Familienplanung ist ja immerhin eine Entscheidung fürs Leben. Rückgängig machen geht dann wahrscheinlich eher schwer. Die Scheidung vom Kind hat glaub ich auch noch niemand erfunden – in Betracht gezogen vielleicht schon. Aber das ist eine andere Geschichte. Und auch wenn das Geschrei und Geheule bei der frohen Botschaftsüberbringung der lieben Freundinnen an Rosa stets ein großes und gar feuchtes war (o.k. Alkohol war auch im Spiel, aber nur bei Tante Rosa), hat sich nach den ersten 20 Monaten, dem dritten Baby im Freundinnenkreis und angesichts der tiefschwarzen Augenringe meiner einstigen Shopping-, Kaffeetratsch- und Lästerabgeordneten meist mehr als nur der stink(ende) normale Alltag mit Baby eingestellt. Babyblues, aber so richtig. Das Verlangen nach Alkohol, Freizeit, Schlaf, noch mehr Schlaf, Shoppingexzessen, Kurzurlauben, den einstigen Traummaßen werden immer hörbarer und vor allem fordernder. Der Tag X, an dem die Kleinen alleine bei Papi und Omi geparkt werden können, ist nah. Nur noch zwei Jahre, oder drei. Und wo wir gerade von Papis reden: Damit der Mann weiterhin sexy bleibt, muss er Geld nachhause bringen – so zumindest sieht es die erfahrene Sexualtherapeutin Gerti Senger in ihrer Krone Bunt Kolumne. Ganz schön anstrengend so eine Karriere auf der Familienleiter. Aber vor allem ganz schön schön. Love you.